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Körperliche Folgen häufiger Pornografienutzung – Was sagt die Wissenschaft?

Häufige Nutzung von Pornografie wird oft in Bezug auf psychische Folgen diskutiert, doch auch die körperlichen Auswirkungen verdienen Beachtung. Neuere wissenschaftliche Studien zeigen ein komplexes Bild: Während moderater Pornografiekonsum meist unproblematisch bleibt, können bei intensivem und exzessivem Gebrauch deutliche körperliche Folgen auftreten. Diese betreffen vor allem die sexuelle Erregbarkeit, die Empfindlichkeit der Genitalien und die Fähigkeit, sexuelle Erlebnisse uneingeschränkt genießen zu können. Insbesondere werden Gewöhnungseffekte, verminderte Empfindlichkeit sowie sexuelle Funktionsstörungen wie erektile Schwierigkeiten und verzögerte Ejakulation berichtet.

Auch wenn sich bisherige Forschung vor allem auf Männer konzentriert hat, weisen erste Studien darauf hin, dass häufiger Pornografiekonsum auch bei Frauen körperliche und sexuelle Veränderungen hervorrufen kann.

Wichtig ist hierbei die differenzierte Betrachtung: Nicht jeder Nutzer oder jede Nutzerin entwickelt zwangsläufig Probleme; vielmehr beeinflussen individuelle Faktoren wie Nutzungsverhalten, Masturbationstechniken und psychologische Hintergründe die Art und das Ausmaß der körperlichen Auswirkungen. Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass die meisten körperlichen Folgen reversibel sind und sich durch bewusste Veränderung des Konsum- und Masturbationsverhaltens meist vollständig zurückbilden lassen.

Erregbarkeit und Libidoveränderungen

Die Auswirkungen von Pornografiekonsum auf die sexuelle Erregbarkeit sind in der wissenschaftlichen Forschung vielschichtig untersucht worden, wobei die Ergebnisse teilweise widersprüchlich erscheinen. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass Pornografie die sexuelle Erregbarkeit und Libido stark beeinflussen kann – jedoch nicht immer auf dieselbe Weise oder in dieselbe Richtung.

Einerseits weisen zahlreiche Studien auf sogenannte Gewöhnungseffekte (Toleranzentwicklung) hin, die insbesondere bei intensivem und regelmäßigem Pornokonsum auftreten können. Nutzer berichten hierbei zunehmend, dass sie stärkere, intensivere oder längere Reize benötigen, um dieselbe sexuelle Erregung oder Erektionsqualität wie zuvor zu erreichen. In einer groß angelegten Online-Befragung junger Männer gaben beispielsweise 21,6 % an, dass sie im Verlauf der Zeit extremere oder umfangreichere pornografische Stimuli benötigen, um das gewohnte Erregungsniveau zu erzielen; bei etwa 10 % war dies sogar notwendig, um die gewohnte Erektion überhaupt noch zu erreichen. Diese Befunde weisen darauf hin, dass häufige Pornografie-Nutzung die Erregungsschwelle erhöhen kann.

Gleichzeitig berichten viele Studien, dass ein intensivierter Pornografiekonsum das reale sexuelle Interesse an einem Partner reduzieren kann. Querschnittsstudien dokumentieren regelmäßig einen Zusammenhang zwischen häufigem Pornokonsum und vermindertem sexuellen Verlangen nach realem Partnersex. Als mögliche Erklärung hierfür vermuten Forscher, dass die stets verfügbaren und ständig wechselnden Reize der Pornografie reale Partner weniger attraktiv erscheinen lassen, da diese mit der hohen Stimulationsvielfalt aus pornografischen Inhalten kaum mithalten können. 

Andererseits existieren auch Forschungsergebnisse, die diesem Muster entgegenstehen oder es zumindest ergänzen: So fanden Prause und Pfaus in einer Laborstudie überraschend heraus, dass Männer mit hohem Pornografiekonsum bei neutralen erotischen Filmen stärkere körperliche Erregungsreaktionen zeigten als Männer, die wenig Pornografie konsumierten. Diese Befunde legen nahe, dass häufiger Pornografiekonsum nicht zwangsläufig zu einer generellen Desensibilisierung führen muss, sondern unter bestimmten Umständen sogar eine erhöhte sexuelle Empfindlichkeit für sexuelle Reize bewirken kann.

Weitere Untersuchungen unterstützen dies teilweise: Häufige Pornokonsumenten berichten in einzelnen Studien über eine insgesamt gesteigerte Libido sowie über ein erhöhtes sexuelles Interesse – sowohl bezogen auf Solo-Sexualität als auch auf Sexualität mit Partnern. Diese Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass eine erhöhte Nutzung von Pornografie bei manchen Personen als Ausdruck einer generellen sexuellen Motivation oder eines insgesamt erhöhten Sexualtriebs interpretiert werden könnte.

Diese scheinbar widersprüchlichen Ergebnisse zeigen, dass der Zusammenhang zwischen Pornografiekonsum und sexueller Erregbarkeit komplex und nicht linear ist. Demnach variieren die Auswirkungen von Pornografie auf die sexuelle Lust je nach Geschlecht, Persönlichkeit, Nutzungsverhalten und weiteren individuellen Faktoren. Während einige Nutzer durch den Konsum von Pornografie eine reduzierte sexuelle Reaktivität im Alltag erleben, scheinen andere Nutzer gerade durch regelmäßigen Pornografiekonsum eine allgemein höhere sexuelle Sensitivität und Erregbarkeit zu entwickeln.

Concordia University (2015): Can watching porn make you better in bed?

Prause, N., & Pfaus, J. (2021): Viewing sexual stimuli associated with greater sexual responsiveness, not erectile dysfunction. Archives of Sexual Behavior, 50(7), 3069–3081. Verfügbar über PubMed

Penisempfindlichkeit – Death Grip - & Lost Penis Syndrom

Exzessiver Pornografiekonsum in Kombination mit übermäßig intensiver Masturbation kann zu einer temporären Reduzierung der genitalen Empfindlichkeit und sexuellen Reaktionsfähigkeit führen. Zwei häufig diskutierte Phänomene, die mit dieser Entwicklung in Verbindung stehen, sind das sogenannte Death-Grip-Phänomen sowie das Lost-Penis- Syndrom.

Das Death-Grip-Phänomen beschreibt eine Situation, in der Männer aufgrund regelmäßigen und intensiven Pornografiekonsums gepaart mit häufigem Masturbieren eine körperliche Gewöhnung an eine außergewöhnlich starke und intensive manuelle Stimulation entwickeln. Umgangssprachlich als „Death-Grip-Syndrome“ bezeichnet, gewöhnen sich Betroffene an eine extrem feste Grifftechnik, was zur Folge hat, dass sie beim tatsächlichen Geschlechtsverkehr mit einer Partnerin oder einem Partner deutlich weniger Empfindung verspüren. Obwohl dieser Begriff klinisch nicht offiziell anerkannt ist, berichten viele Männer von einem Gefühl der „Taubheit“ oder einer deutlich reduzierten Sensibilität ihres Penis bei sexuellen Aktivitäten mit Partnerinnen oder Partnern. Dies äußert sich oft in Schwierigkeiten, durch Geschlechtsverkehr ausreichend erregt zu werden oder einen Orgasmus zu erreichen. Es zeigt sich häufig in Form einer verzögerten Ejakulation, auch bekannt als „verzögerter Samenerguss“.

Ein weiteres verwandtes Phänomen, das Lost-Penis-Syndrom, beschreibt das subjektive Empfinden, den Penis als „verloren“ oder unempfindlich wahrzunehmen, weil er nicht mehr angemessen auf natürliche sexuelle Reize reagiert. Betroffene haben Schwierigkeiten, sexuelle Erregung allein durch körperlichen Kontakt mit Partnerinnen oder Partnern zu spüren oder aufrechtzuerhalten. Auch hier spielen oft intensiver Pornografiekonsum und eine daraus resultierende Abstumpfung gegenüber subtileren sexuellen Stimuli eine entscheidende Rolle.

Ursächlich für diese Phänomene ist vermutlich eine übermäßig starke und repetitive manuelle Stimulation während der Masturbation, die die Empfindlichkeit der Nervenenden des Penis vorübergehend herabsetzen kann. Vergleichbare Effekte wurden in Studien bereits beobachtet, etwa bei intensiven Radfahrern, von denen 61 % berichteten, aufgrund dauerhaften Drucks auf die Genitalregion eine reduzierte Empfindlichkeit ihrer Genitalien zu erfahren. Ein ähnlicher Mechanismus könnte bei extrem fester Masturbation wirken, obwohl speziell zum „Death Grip Syndrome“ und „Lost Penis Syndrom“ bislang nur wenig spezifische medizinische Forschung vorliegt.

Wichtig ist, dass die verminderte Empfindlichkeit meist reversibel ist. Experten raten Betroffenen, ihren Pornografiekonsum bewusst zu reduzieren und ihre Masturbationstechnik auf sanftere, natürlichere Methoden umzustellen. Durch eine bewusste Anpassung dieser Gewohnheiten kann sich die normale Sensibilität in der Regel wiederherstellen.

Pornografiekonsum - Orgasmuserleben und Ejakulationsfähigkeit

Die Fähigkeit, einen Orgasmus zu erleben und die Ejakulation auszulösen, kann durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden. Ein Phänomen, das eng mit einem möglichen Verlust der sexuellen Empfindlichkeit verbunden ist, stellt die verzögerte oder erschwerte Ejakulation dar. Männer mit verzögerter Ejakulation benötigen eine ungewöhnlich lange Stimulationsdauer, um einen Höhepunkt zu erreichen, oder erleben während des Verkehrs überhaupt keinen Orgasmus.

In der Diskussion um mögliche Ursachen spielt der regelmäßige Konsum von Pornografie oft eine zentrale Rolle. Aktuelle wissenschaftliche Studien zeigen jedoch kaum einen direkten Zusammenhang zwischen häufiger Pornonutzung und Orgasmusschwierigkeiten. So fand eine umfangreiche Analyse von Rowland et al. mit über 2.300 Männern im Durchschnittsalter von 40 Jahren lediglich schwache und inkonsistente statistische Verbindungen, die meist verschwanden, sobald andere Faktoren berücksichtigt wurden. Viel stärker wirkten sich psychologische Aspekte wie Angst, Depression oder bestehende Erektionsprobleme auf die verzögerte Ejakulation aus.

Allerdings wird angenommen, dass Konditionierungseffekte im Zusammenhang mit Pornografie eine wichtige Rolle spielen könnten. Männer, die jahrelang ausschließlich durch visuelle Pornostimulation und spezifische Masturbationstechniken zum Orgasmus gelangten, berichten häufig Schwierigkeiten beim Übergang zum Partnersex. Die neue, andersartige Stimulation durch einen Partner (z.B. weniger intensiver Griff, abweichende Rhythmen oder fehlende visuelle Vielfalt) kann dazu führen, dass der Orgasmus verzögert oder nicht erreicht wird. Fallberichte dokumentieren, dass in einzelnen Fällen die verzögerte Ejakulation durch die vollständige Einstellung des Pornokonsums wieder verschwand, was für einen konditionierten Reflex spricht. Hierbei ist jedoch wichtig zu unterscheiden, ob tatsächlich der Pornokonsum ursächlich wirkt oder die hohe Masturbationsfrequenz selbst verantwortlich ist. Zudem könnte es sich um eine umgekehrte Kausalität handeln, bei der Männer mit bereits bestehenden Schwierigkeiten vermehrt Pornografie zur Stimulation nutzen.

Zur Qualität und Intensität des Orgasmuserlebens selbst liegen nur wenige objektive wissenschaftliche Daten vor. Subjektiv berichten einige Männer von intensiveren Orgasmen mit ihrem Partner nach Reduktion des Pornokonsums, was jedoch vor allem psychologisch (z.B. erhöhte emotionale Präsenz) erklärbar ist. Physiologisch unterscheiden sich Orgasmen, die mit oder ohne visuelle Pornografie erreicht werden, nicht wesentlich: Beide lösen ähnliche Reflexe und hormonelle Freisetzungen (z.B. Oxytocin, Prolaktin) aus. Allerdings könnte eine sehr hohe Masturbationsfrequenz aufgrund körperlicher Ermüdung und verringerter Reaktionsfähigkeit subjektiv zu einer verringerten Intensität führen. Diese Beobachtung basiert bisher vor allem auf physiologischen Annahmen, systematische Studien hierzu stehen jedoch noch aus.

Eine weitere Betrachtung gilt dem vorzeitigen Samenerguss, welcher interessanterweise nur selten mit Pornografie in Verbindung gebracht wird. Im Gegenteil: regelmäßiger Pornokonsum scheint tendenziell eher mit verzögerter als mit vorzeitiger Ejakulation verbunden zu sein. Zwar zeigen Männer, die sich selbst als "pornografieabhängig" einschätzen, eine leicht erhöhte Rate an erektilen und ejakulatorischen Problemen, doch dies scheint eher auf psychologische Belastungen wie Scham oder Stress zurückzuführen zu sein. Insgesamt gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass Pornografie einen körperlich bedingten frühzeitigen Samenerguss fördert.

Dwulit, M., & Rzymski, P. (2019): What Do We Know About Pornography? A Systematic Review. Online verfügbar unter: Journal of Clinical Medicine, 3(1), Artikel 10

Auch wenn sich bisherige Forschung vor allem auf Männer konzentriert hat, weisen erste Studien darauf hin, dass häufiger Pornografiekonsum auch bei Frauen körperliche und sexuelle Veränderungen hervorrufen kann. Bei Frauen wird ebenfalls über veränderte sexuelle Erregbarkeit und eine mögliche Gewöhnung an starke Reize berichtet, wodurch die Erregbarkeitsschwelle steigen könnte. Ebenso existieren Hinweise darauf, dass intensiver Pornografiekonsum die Libido beeinflusst – sowohl steigernd als auch reduzierend. Auch eine mögliche vorübergehende Reduktion der genitalen Empfindlichkeit durch intensive Masturbationstechniken wurde vereinzelt berichtet, wobei spezifische Syndrome, vergleichbar mit den männlichen Phänomenen, wissenschaftlich bisher nicht beschrieben wurden. Aufgrund der bislang begrenzten Forschung besteht hier allerdings weiterer Klärungsbedarf.

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